Traditionell eignen sich Studierende ihr Fachwissen durch Vorlesungen, Seminare sowie Lehrbücher an. Die Lernforschung der letzten Jahrzente hat aber gezeigt, dass von dem so erworbenen Wissen nur ein Bruchteil nachhaltig im Gedächtnis haften bleiben. Die Effektivität des Lernens kann enorm erhöht werden, fügt man eine weitere Dimension hinzu: die Simulation. Denn Lernen erfolgt nicht über den "Kopf", die Kognition, sondern auch über die Sinne und über die Emotionen. Dabei ist ein wesentliches Ziel der Simulation, Szenarien der Patientenversorgung in einer realistischen Umgebung nachzustellen, um ein effektives Feedback zu ermöglichen.
Das Studienhospital Münster ist die Antwort der Medizinischen Fakultät auf die Anforderungen an angehende Ärzte, die vom ersten Tag nach der Prüfung an "berufsbefähigt" sind. Die Einrichtung gibt der praktischen Ausbildung in der Medizin einen neuen, innovativen Rahmen- und stützt sich dabei auf bewährte Didaktikmethoden. Denn Schauspieler, die als Patienten agieren, oder die so genannten "Skills-Labs", in denen Studierende an Geräten, Modellen oder Puppen ärztliche Basisfertigkeiten üben - das gab es in Münster und andernorts auch zuvor schon. Das eigentliche Novum beim Studienhospital war die Idee, für Medizinstudenten eine "geschützte" Lernumgebung zu schaffen, in der sie die wesentlichen Elemente der ärztlichen Tätigkeit frei üben können - und zwar unter äußerst realitätsnahen, dem späteren Arbeitsumfeld entsprechenden Bedingungen.
Ein früheres Schwesterwohnheim des Universitätsklinikums Münster erwies sich als idealer Standort für das Studienhospital: Der ohnehin sanierungsbedürftige Komplex hatte einen Z-förmigen Grundriss; die beiden rechtwinklig angeordneten Gebäudetrakte konnten den stationären bzw. ambulanten Teil aufnehmen, dazwischen war Platz für den Seminarbereich als verbindendes Element. Zusätzlicher Vorteil: Aufgrund der ursprünglichen Nutzung waren die Zimmer in etwa gleich groß.
Nach knapp einem halben Jahr Bauzeit konnte im November 2007 bereits der erste Bauabschnitt fertig gestellt werden. Auf 300 qm entstand der Krankenhaustrakt des Studienhospitals mit seinen vier normalen Patientenzimmern, zwei Intensivzimmern und drei jeweils dazwischen liegenden Beobachtungsräumen. Die Intensivzimmer wurden mit einem der modernsten Monitoring-Systeme ausgestattet, die derzeit auf dem Markt sind. Mit wenigen Schritten gelangt der Besucher von hier aus in die beiden größeren Seminarräume für praktische Übungen und passiert dabei eine "Waschstraße" mit Handwaschbecken zum Erlernen der chirurgischen Händedesinfektion.
Wenn die Studierenden im vierten Semester erstmalig einen Kurs im Studienhospital besuchen, geht es vorrangig um eine Kommunikation mit den Patienten, die die empathischen Aspekte der Arztrolle ebenso berücksichtigt wie die professionellen. Erst später kommen weitere fachliche Inhalte aus medizinischen Fächern hinzu. Dem Betreuerteam des Studienhosptitals gehören neben dem Ärztlichen Leiter auch eine Psychologin an sowie ein Intensivpfleger, der zugleich Theaterpädagoge und Simulationspatiententrainer ist. Unter ihrer Anleitung eignen sich die Schauspielerinnen und Schauspieler jeweils bis zu sechs verschiedene Krankheitsbilder an.