Die Limette dient der Beurteilung und Bewertung von ärztlichen Kompetenzen, die durch die stationsgebundene Performanz der Studierenden der Humanmedizin im Sinne einer holistischen und longitudinal verankerten formativen Kompetenzfeststellung beobachtbar und messbar werden.
Die Innovation des Limettenkonzeptes beschränkt sich nicht allein auf die Implementierung eines „einfachen“ 6-Stationen-Parcours, wie im Sinne z. B. einer „Objective structured clinical examination“ (OSCE). Vielmehr ist die Entwicklung und einheitliche Übertragung des Konzeptes eines kompetenz-basierten Assessments auf der Basis von „Entrustable Professional Activities“ Kern des Lehr- und Lernsettings. Für die Definition des zu erreichenden Absolventen Niveaus wurden in Anlehnung an die entsprechende Vorleistung der American Association of Medical Colleges (AAMC) dreizehn Kernkompetenzen für den erfolgreich handelnden Arzt/Ärztin definiert. Hierzu wurden zu jeder dieser Kernkompetenzen spezifische Verhaltensanker für erfolgreiches und weniger erfolgreiches Verhalten hinterlegt. Somit konnten Lernziele, die bereits erfolgreich in der curricularen Lehre in den USA Anwendung finden, operationalisiert und integriert werden. Die 13 Kernkompetenzen der AAMC decken dabei das weite Spektrum ärztlichen Handelns auf Absolventenniveau ab. Als Bemessungsgrundlage werden dabei für alle Fächer einheitlich folgende „Entrustable professional activities“ (EPAs) herangezogen.
Die in der Limette zur Anwendung kommenden Patientenfälle sind in der Regel so konzipiert, dass jeweils zum Lösen der darin enthaltenen Aufgaben zwei der o.g. Kern-Kompetenzen erforderlich sind und damit sichtbar werden. Auch in Europa finden die „EPAs“ der AAMC zunehmend Anklang, da entlang von diesen Kernkompetenzen der Lernstand von Studierenden unabhängig vom Lehrinhalt und Fach entlang beobachtbarer Verhaltensweisen gemessen werden kann. Eine Umsetzung in ein curriculares Prüfungskonzept, wie hier beschrieben, kann bisher jedoch kein anderer Standort vorweisen. Der Bewertungsmaßstab entspricht in der Limette nicht der üblichen Notenskalierung, „Pass-or-Fail“ Klassifizierungen oder summativen (d.h. Punktevergabeverfahren), welche generell einen Ranking-Gedanken verfolgen.
In der Limette und im anschließenden Seminar ist es möglich aufgrund des formativen Assessments ein mehrdimensionales System (den EPAs) anzuwenden, welches letztendlich das Ausmaß des Zutrauens an den Lernenden weitergibt. Dem gegenüber fragt das Assessment-Konzept (Fremdeinschätzung) der EPAs: Wann ist eine ausreichende Kompetenz auf Seiten des Studierenden erreicht? Wenn eine professionelle Tätigkeit, unbeaufsichtigt, mindestens auf einem Schwellenwert-Niveau, mit vollem Zutrauen der Ausbildenden, gemeistert wird. Letztendlich vollzieht sich ein solcher Prozess ständig in einem „work placed teaching“, sobald die Studierenden eigenständig mit oder ohne Supervision tätig werden. Ausdruck hierfür ist eine individuelle Herangehensweise, die je nach Leistungsstand, Kontext und Vorerfahrung ganz unterschiedliche Ausbildungszeiten impliziert.Dabei können in der Annäherung an das Kompetenzminimum für eine eigenständige Durchführung 6 Stufen eines Zutrauens beobachtet werden.
Parallel dazu führt jeder Studierende eine Selbsteinschätzung durch.
Die Bemessung des Lehr- und Lernerfolges erfolgt dabei auch auf der Selbsteinschätzung des Zutrauens in die eigenen medizinischen Kompetenzen. Die anfängliche Sorge, dass die Studierenden in einem rein formativen Verfahren regelhaft zu Fehleinschätzung im Sinne eines Über- oder Unterschätzens ihrer Kompetenzen neigen würden, konnte durch Korrelation mit einer Fremdbeobachtung (durch die Schauspielpatienten und/oder Ausbilder) widerlegt werden. Somit ist es gelungen, ein Assessment-Tool zu implementieren, das vornehmlich der realistischen Selbsteinschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit dient.
Dabei wird das Level des eigenen Zutrauens in Anlehnung an die Zutrauens-Level bei Fremdeinschätzung (s.o.) mittels einer Skalierung in sechs Stufen erhoben.
Die Selbsteinschätzung des eigenen Zutrauens erfolgt direkt vor und im Anschluss des Seminars durch die Studierenden im Rahmen einer kurzen Zeit zur (Selbst-) Reflektion. In dieser Phase sind die Teilnehmer(innen) explizit aufgerufen, ihre Interaktionen mit den standardisierten Simulationspatienten, ihre Handlungen und Entscheidungen, sowie ihre Eingaben am PC zu reflektieren. Sie sind gehalten, sich dahingehend zu überprüfen, wo ihnen das Anwenden ihrer Kenntnisse und Fertigkeiten gut oder zufriedenstellend gelungen ist, und in welchen Fällen hierbei Probleme aufgetreten sind. Diese Zeitspanne impliziert eine eigene Stärken- und Schwächen-Analyse und soll der Identifikation von zu priorisierenden Lernfeldern für die anstehenden Praktika in Klinik, Praxis oder Ambulanz dienen. Damit ist ebenfalls ein Training der Selbsteinschätzung von Kompetenzen in der Bewältigung von realitätsnahen Alltagssituationen verbunden.